HausBülow

Architekturbüro Ludger Sunder-Plassmann

Kirche Sieversdorf

Renovierung der mittelalterlichen Kirche, Sieversdorf, westl. Frankfurt/ Oder, Ev. Kirche Berlin-Brandenburg, Förderung Reemtsma Stiftung

Kirche-Sieversdorf

Die Kirche hat ein rechteckiges Langhaus mit halbkreisförmiger Apsis und in ganzer Breite vorgesetztem Westturm. Das Mauerwerk der Kirche, der Apsis und des Unterbaus des Turmes bestehen aus regelmäßig bearbeiteten Granitquadern und weisen damit auf eine Bauzeit Anfang des 13.Jahrhunderts. Das spitzbogige Westportal stammt aus der Zeit des Gründungs- baues. Der Oberturm wurde nach dem 30-Jährigen Krieg neu errichtet und trägt in der Wetterfahne die Jahreszahl 1683. Vom Fachwerkvorbau auf der Nordseite (barocker Bau) führte früher der Zugang zur Patronatsloge in der Kirche hinauf, die leider in den 50er Jahren abgerissen wurde; der Zugang wurde vermauert. Vom Gutshaus zu diesem Vorbau führte früher ein unterirdischer Gang, der in der Familiengruft derer von Strantz mündete von der aus der Aufgang in den Anbau führte.

Interpretation in der Kirche:

Kirche-Sieversdorf Kirche-Sieversdorf

Die Holzbalkendecke sowie die Orgelempore wurden bei den Umbauten im 17. Jahrhundert installiert (Balkeninschrift unter Empore 1682, Mittelteil 1737 umgebaut - Inschrift an Bank „Gottfried Be. Anno 1737"). In dieser Phase wurden auch die Fenster dem üblichen Barockstil angepasst. Die Kanzel und das Gestühl der Kirche stammen aus einer anderen umfangreichen Renovierung gegen 1860.

Die Epitaphe an der Süd- und der Nordwand sind Stiftungen der jeweils gurtsherrschaftlichen Familien. Das Wandepitaph an der Südwand zeigt auf den Gemälden (Kopien von einem Nachkommen derer von Strantz 2005 gestiftet, die Originale wurden bei einem Einbruch 1993 entwendet) die Stifter Ehrentreich von Strantz (gest. 1723) und seine Gattin Elisabeth Christine, geb. von Birkholz (gest. 1718). Das Epitaph besteht aus Kiefer- und Lindenholz und wurde 2005 umfangreich restauriert. Der Cronos (Todesengel) erinnert an die Endlichkeit unseres irdischen Daseins und ermahnt zur sinnvollen und ehrenhaften Gestaltung unseres Lebens.

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Die hölzerne Ahnentafel des Friedrich von Strantz (gest. 1671) und seiner Ehefrau an der Nordwand zeigt 16 Familienwappen und ist mit aufwendigem Knorpelwerk gerahmt. (erhaltende restaurations- und Sicherungsmaßnahmen 2004/2005)

Die Orgel der Kirche ist ein Ersatz der ca. 1737 eingebauten Barockorgel und wurde 1891 in der Werkstatt Sauer Frankfurt/Oder gefertigt. (über der Orgel Anhebung der Bretterdecke weißt auf die größere Dimension der vorherigen Barockorgel) Die jetzige Orgel hat fünf Register im Manual (Prinzipal, Oktave, Quinte, Gedakt, Salicional) und ein Register im Pedal (Subbass).

Der mittelalterliche Schnitzaltar stammt aus einer anderen Kirche und ist aus verschiedenen Einzelteilen zusammengesetzt, die unterschiedliche Zeitund Stilepochen angehören. Die 12 Heiligenfiguren der Seitenflügel werden überwiegend in das 1. Viertel des 15. Jahrhunderts datiert. Der Altar war 2001 als Leihgabe in der Preußischen Ausstellung als ein Relikt der Reformation. Den ursprünglichen Katholischen Heiligenfiguren wurden teilweise Bärte angemalt außerdem wurden sie zu den 12 Aposteln umbenannt. Die neutrale Predella und der massive Unterbau mit Altartisch wurden 2005 bei der Restauration des Altars ergänzt.

Der frühere Altar der Kirche war im 19.Jahrhundert neogotisch umgebaut worden, er konnte nicht mehr restauriert werden und wurde in den 50er Jahren ersetzt; einzelne Teile lagern auf dem Kirchenboden. Das Altarmittelbild blieb erhalten und hängt an der Südwand.

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Als Besonderheit bleibt die mittelalterliche Wandmalerei in der Kirche vom Ende des 14. Jahrhunderts zu erwähnen. Auf der Orgelempore ist eine Freilegung aus den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zu sehen. Erkennbar ist eine biblische Szene. Dargestellt in dieser ist Adam bei der Feldund Eva bei der Hausarbeit. Befunduntersuchungen ergaben, dass diese Wandmalerei im gesamten Kirchenschiff nachweisbar ist. Eine komplette Freilegung der Malerei stand aus Kosten- und Erhaltungsgründen nicht zur Debatte. Allerdings bedeutete das auch einen erhöhten Sanierungsaufwand. Es durfte kein gut erhaltener alter Putz entfernt werden. Lockerer Putz wurde, soweit erhaltenswert, restauratorisch verfestigt.

Kirche-Sieversdorf

Die im August 2005 abgeschlossenen Sanierungsarbeiten an der Kirche erstreckten sich über fast 3 Jahre und waren in 2 Bauabschnitte aufgeteilt. Im ersten Bauabschnitt wurde eine umfangreiche Schwammsanierung an der Mauerkrone und dem angrenzenden Dachtragwerk sowie dem Fachwerk des nördlichen Barockanbaues durchgeführt. Im 2. Bauabschnitt kam es zur kompletten Innenraumsanierung:

- neuer Fußboden mit Ziegeln aus Abbruch alter Gebäude, Ziegelformat entspricht historischer Vorgabe

- Sanierung des Gestühls

- restauratorische Maßnahmen zur Erhaltung der Wandmalerei

- Sanierung, Ersatz der Wandputze

- Farbliche Gestaltung der Decke, des Gestühls, der Orgel und der Orgelempore sowie komplett neue Farbfassung der Wände
  (die Farbfassung der Wände entspricht der letzten nachweisbaren Farbgestaltung aus der Barockzeit und war Auflage der
  Denkmalschutzbehörde)

- Sanierung der Orgel

- Neuaufbau des Altares

- Restauration der beiden Wandepitaphe

- Komplettrestauration der Fenster

- Komplettersatz bzw. Erweiterung der elektrischen Anlage, Installation einer Bankheizung

- Komplettsanierung des nördlichen Anbaus, Nutzbarmachung des Raumes als Winterkirche

kirche_sieversdorf

Rund 260.000 Euro wurden für diese Arbeiten ausgegeben und setzten sich folgender Maßen zusammen:

1. Hälfte - Fördergelder des Landes Brandenburg nach Staat-Kirche-Vertrag

2. Hälfte - Fördergelder der Hermann-Reemtsma-Stiftung und der Ostdeutschen Sparkassenstiftung, Baubeihilfen der
                  Landeskirche und des Kirchenkreises, Zuschüsse des Landkreises LOS und des Amtes Odervorland sowie Eigenmittel
                  aus dem Verkauf des Pfarrhauses in Sieversdorf, nicht zu vergessen die vielen Spenden von Firmen und Privatpersonen
                  des Ortes

Noch offene Maßnahmen:

- Sanierung des Messingkronleuchters
- Bestuhlung des nördlichen Anbaues

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